Die Seele einer Stadt einfangen

Ein neunminütiges Meisterwerk der Projektion von Holovis.

Venedig hat seine Löwen. Bern hat seine Bären. Und Liverpool? Liverpool hat den Liverbird, ein ungewöhnliches Fabelwesen, dessen Ursprünge sich im Nebel des Flusses Mersey verloren haben, der jedoch für immer für Liverpool, seine Leute und seine Stadt, stehen wird.

Bella und Bertie sehen von den Türmen herab  

Auf dem Wappen von Paul McCartney ist ein Gitarre spielender Liverbird zu sehen, und von den Türmen des  Royal Liver Building im Hafengebiet Pier Head blicken zwei Liverbird-Statuen – Bella und Bertie – herab. Für gebürtige Liverpooler, sogenannte Scouser, sind das die zwei wichtigsten. Der Legende nach schaut sie – Bella – auf das Meer, um nach heimkehrenden Seefahrern Ausschau zu halten, während er – Bertie – in Richtung Stadt schaut, um nach geöffneten Pubs Ausschau zu halten. Und sollten sie je wegfliegen, wird der Mersey über seine Ufer treten und ganz Liverpool überfluten.

In Liverpool darf man die Bedeutung des Liverbird nicht unterschätzen. Insbesondere darf man den Liverbird nicht unterschätzen, wenn man, wie Holovis mit Hilfe von Christie, beauftragt wurde, das Innere seines Nests im Royal Liver Building (übrigens von UNESCO anerkannt) im Auftrag von Heritage Great Britain in eine Besucherattraktion mit 270-Grad-Projektionsmapping zu verwandeln.

Die Verantwortung war umso größer, da das Royal Liver Building – seit über hundert Jahren Wahrzeichen einer ganzen Stadt – bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht für die Öffentlichkeit zugänglich war. Selbst für alteingesessene „Liverpudlians“ waren seine Liverbirds außer Reichweite.

Jetzt allerdings sind sie beinahe zum Greifen nahe. Es gibt eine neue Besucherattraktion im Keller, eine Rundum-Aussicht auf die Stadt von der Aussichtsplattform im 10. Stock und – im nördlichen Glockenturm direkt unter dem Nest eines Liverbirds – die 270-Grad-Projection-Mapping-Show von Holovis.

Eine Show der ganz besonderen Art.

Eine menschliche Geschichte 

Denn das Publikum ist winzig für die Verhältnisse von Projection-Mapping-Shows – in den Raum hinter den Zifferblättern passen nur sechzehn Personen. Es ist kein Technikerteam vor Ort – sie läuft beinahe von selbst. Und vier Christie D20WU-HS-1DLP-Laserprojektoren beweisen, dass sie in dieser intimen Umgebung genauso gut mit dem Projektionsmapping zurechtkommen wie ihre großen Brüder im Freien.

Denn obwohl diese Show viele Gemeinsamkeiten mit extravaganten Projektionen auf Gebäudefassaden hat, nutzt sie die Technik, um die menschliche Geschichte Liverpools auf menschlicher Ebene zu erzählen.

Es geht um die Zerstörung im Krieg, die Kreativität der Beatles, das herzzerreißende Leben in den Arbeitervierteln, die Euphorie um sportliche Erfolge. Die Geschichte einer ganzen Stadt wird auf neun Minuten brillante Projektion komprimiert, in denen man die Wärme der Menschen von Liverpool fühlen kann und wie widerstandsfähig dieser Ort und seine Leute sind.

Es ist geil. Es ist krass. Es ist cool. 

Und weil die Vorführung ganz ohne Sprache auskommt, ist sie auch für nicht englischsprachige Besucher gut verständlich, ohne an Aussagekraft oder Direktheit einzubüßen. Die Projektion und das Bildmaterial erzählen ihre Geschichte mit großer Sparsamkeit. Sie besagt, wenn auch keine großen Schiffe mehr am Pier Head anlegen, so lange es Fußballtrikots mit Liverbirds gibt und Menschen vor den Diskotheken Schlange stehen, so lange Bella und Bertie auf ihrer Stange sitzen, wird Liverpool weiterleben.

Indem es dies eingefangen hat, hat Holovis großen Schöpfergeist bewiesen.

Es ist geil. Es ist krass. Es ist cool. So wie Liverpool.

Verpassen Sie es nicht.